Schweizer Musikinstrumentenbauer-Broschüre

Frontseite Schweizer Instrumentenbau mit einem Kollegger Alphorn
Eine besondere Ehre wurde uns kürzlich zuteil: 
Titelbild mit Alphorn aus unserer Werkstätte
 

 

"La Pagina da Surmeir"

Fragen an Beat Kollegger von Peder Antona Baltermia

1) Die Scola da Musica Grischun Central besitzt nun bereits 8 Alphörner und spielt damit immer wieder bei verschiedenen Anlässen auf. Diese Alphörner kommen alle aus der Fabrikation des Musikhauses Kollegger Davos/Alvaneu. Welchen Stellenwert hat das Alphorn bei Euch im Instrumentenbau?

Wir haben bereits vor über 30 Jahren Alphörner hergestellt. Da die Nachfrage dann etwas abflaute, haben wir uns dann mehr anderen Instrumenten zugewandt. In den letzten Jahren sind immer wieder Bestellungen für Alphörner bei uns eingegangen und so haben wir uns entschlossen wiederum einige Serien anzufertigen.

2) Deine Alphörner werden gemäss Deiner Homepage ausschliesslich aus einheimischen Mondholz gefertigt. Warum ist Mondholz klanglich besser?

Ich bin überzeugt, dass es auch auf den Klang einen Einfluss hat. Nicht umsonst kaufen Geigenbauer aus der ganzen Welt ihr Holz in unserer Region ein. Es ist einfach das beste Holz,dass erhältlich ist und was ebenso wichtig ist, es stammt aus der Region! Wir beziehen unser Holz fast ausschliesslich aus der Landschaft Davos und dem Albulatal. Mir ist es ein Anliegen, dass die ganze Wertschöpfung im Tal bleibt und somit auch Arbeitsplätze hier erhalten bleiben.

Betreffend Mondholz: Prof. Ernst Zürcher, Holzwissenschafter an der ETH Zürich, hat etwa 2'500 Versuche mit „normalem“ und nach „richtigem“ Mondstand geschlagenem (in den Wintermonaten, an einzelnen Tagen kurz vor Neumond gefälltem) Holz gemacht. Das Mondholz hatte in der Folge bei zehn Faktoren besser abgeschnitten. Es war steifer, härter, hatte eine höhere Dichtigkeit, war resistenter gegen Feuer, Schädlings- und Pilzbefall usw. Messungen haben ergeben, dass das Holz sogar im Labor noch die einzelnen Mondzyklen mitmachte. Die Sache mit dem Mondholz ist nicht eine Erfindung des heutigen Menschen, sondern uraltes Wissen! Früher verwendete man z.B. im Schiffsbau, bei Kamin-Einfassungen oder für Schindeln nach Möglichkeit immer Mondholz. Aus schlechten Trauben gibt es keinen guten Wein – das ist vergleichsweise auch meine Philosophie im Instrumentenbau. Deshalb verwenden wir nur die besten Materialien, die erhältlich sind.

3) Das spezielle Klangholz stammt von 300 bis 400 jährigen Hasel-Fichten, die an schattigen Lagen langsam wachsen. Was sind Hasel-Fichten?

Die Hasel-Fichte ist eine „Laune der Natur“. Es handelt sich um eine Bergfichte, also Rottanne, welche eine ganz bestimmte feine Maserung im Holz aufweist. Die Haselfichte kommt nur sehr selten vor. Eine Legende besagt, dass in früheren Jahren die Geigenbauer im Wald durch das Klopfen an den Stämmen die Haselfichten herausgespürt haben. Dies ist mir jedoch noch nie gelungen. Hingegen den „Zündholz-Test“ habe ich einige Male mit Erfolg ausprobiert um damit die Leitfähigkeit des Tones im Holzes zu testen. Eine Person klopft dann jeweils mit der Stirnseite eines Zündholzes auf der einen Seite eines gefällten Stammes und ich halte das Ohr auf der anderen Seite hin. Es ist erstaunlich wie unterschiedlich die einzelnen Hölzer und wie verschieden die Resonanzen diesbezüglich sind. Die Sägereien melden sich jeweils bei mir, wenn sie beim Auftrennen eines Stammes entdecken, dass sie auf eine Hasel-Fichte gestossen sind.

4) Genauigkeit ist auch beim Instrumentenbau gefragt, also bedient man sich modernen CNC-Fräsmaschinen. Der Bau von Alphörnern ist also keine Handarbeit mehr?

Oh, doch! Es sind, neben der maschinellen Arbeit, noch immer um die 30 Stunden Handarbeit vonnöten, um ein solches Instrument herzustellen. Würde man es komplett von Hand ausarbeiten, so brauchte man pro Instrument um die 100 Stunden. Diese Arbeit wiederum würde kein Mensch bezahlen. Auch muss man, so denke ich, mit der Zeit gehen und die technischen Möglichkeiten ausschöpfen. Ansonsten könnte man hierzulande bei den relativ hohen Stundenansätzen, bedingt auch durch hohe Sozialabgaben, als Instrumentenbauer gar nicht überleben. Ein weiterer Vorteil einer computergesteuerten CNC-Maschine ist der, dass diese Maschinen mit einer Genauigkeit von 2 Hundertstel Millimeter arbeiten. Von Hand ist es praktisch unmöglich, konstant mit einer solchen Präzision zu arbeiten. Eines der Geheimnisse in unserem Handwerk ist die stete Suche nach der absoluten Perfektion...

5) Das Mundstück wird aus verschiedenen Hölzern angefertigt. Ist dies bei allen Alphörnern so, oder ist das Deine Spezialität?

Da das Mundstück beim Alphorn ebenfalls aus Holz gefertigt ist, dies ist übrigens eine Spezialität bei den Blechblasinstrumenten - also nicht Holzblasinstrumente - bei denen das Alphorn eingereiht ist. Durch die Tonerzeugung durch ein Trichtermundstück zählt es eben zu dieser Instrumentengruppe. Früher verwendete man des öftern Buchsbaum oder auch Nussbaumholz für die Alphorn-Mundstücke. Wir haben  verschiedene Hölzer für die Mundstücke ausprobiert und dabei haben sich, besonders durch die hohe Feuchtigkeit (Kondenswasser, Speichelsäure) die sich beim Spielen bildet, Hölzer wie Ahorn, Olive, Wild-Olive (Mutheney) und Rosenholz bestens bewährt. Auch lassen sie sich präzise aus- und abdrehen und deshalb generell gut bearbeiten. Die unterschiedlichen Härten der Hölzer haben einen Einfluss auf die Klangfarbe des Instrumentes. Sämtliche Mundstücke werden von mir persönlich in meiner eigenen Werkstätte in Davos hergestellt.

6) Wo werden die Alphörner produziert in Davos oder Alvaneu?

Die Instrumente werden in unserer Werkstätte in Alvaneu-Dorf hergestellt durch unsere langjährigen Mitarbeiter: Werner Platz, Miro Jahoda und Curdin Stecher. Ich bin mehr für die Entwicklung, die Planung und für den Einkauf des Holzes und der dazu weiter benötigten Materialien zuständig. Auch der Verkauf liegt in meinen Händen. Hierbei kommt uns zugute, dass wir seit über 30 Jahren, neben unserer Werkstätte, ein eigenes Musikhaus besitzen. Seit 1993 befindet sich das Hauptgeschäft an der Promenade, also direkt im Zentrum von Davos. Auch die Kontakte zu den Lehrern und zu den Bläsern sind mir sehr wichtig. Ihre Meinungen und Anregungen fliessen natürlich ständig in unsere Produktion ein.

7) Wieviele kommen jährlich aus der Produktion?

Ca. 10 – 50 Instrumente verlassen jährlich unsere Werkstätte. Hierbei muss ich anfügen, dass wir nebenbei auch noch andere Instrumente herstellen und auch viele Reparaturen, Servicearbeiten, Expertisen usw. ausführen. Der Alphornbau ist demnach nur ein Teil unserer Tätigkeiten.

8) Ist die Nachfrage steigend?

Im Moment ist die Nachfrage nach Alphörner wieder etwas gestiegen. Das war bereits vor einigen Jahren so, ist dann aber wieder abgeflaut. Deshalb haben wir auch, wie bereits erwähnt, den Alphornbau einige Jahre auf die Seite gestellt. Zwischenzeitlich waren z.B. mehr Schwyzerörgeli und Handorgeln gefragt. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es immer diese Wellen von „Mode“-Instrumenten gibt. Eine Zeitlang war ein richtiger Run auf Panflöten, auch einige solche Instrumente haben wir hergestellt. Doch inzwischen ist die Nachfrage hiernach gleich Null.
Sicherlich hat es beim Alphorn auch etwas damit zu tun, dass es als unser eigentliches Nationalinstrument gilt und die „Swissness“-Bewegung auch hier zu spüren ist. D.h. die Leute besinnen sich in den verschiedenen Lebensbereichen wieder auf unsere ureigenen Traditionen und unsere eigene Musik, so quasi ein „retour a la terre“.

9) Wieviel muss ein Käufer bezahlen, um ein aus Deiner Konstruktion gefertigtes Alphorn zu erwerben ?

Es kommt natürlich ganz auf die Ausführung darauf an. Beispielsweise mit oder ohne Bemalung, wie viele gebogene Holzringe beim Becher gewünscht werden etc. Für ein neues gutes Alphorn der Meisterklasse in Ges/Fis gestimmt, muss man heute zwischen Fr. 3'200.- und Fr. 3'500.- bezahlen. Im Preis inbegriffen ist dazu noch eine gepolsterte Tasche, ein Mundstück, Ersatz O-Ringe, Durchziehwischer sowie eine Fett-Büchse für die Hülsen. Ein Occasions-Instrument ist etwa zum halben Preis erhältlich.

10) Sind Deine Alphörner qualitativ spezielle Instrumente, die sich auch im Preis von anderen Produkten etwas abheben?

Wir sind preislich im Vergleich zu unseren Mitbewerbern (es gibt etwa 20 Hersteller in der Schweiz und nochmals so viele im benachbarten Ausland) eher im unteren, jedoch qualitativ aber im obersten Bereich anzusiedeln. Ohne überheblich zu wirken, darf ich mit Stolz sagen, dass ich wir noch keinen Franken für Werbung ausgegeben haben. Unsere Instrumente werden durch die Bläser sowie durch die Musiker und Lehrer weiterempfohlen. Die Mund zu Mund Propaganda ist eben immer noch die beste Werbung! Natürlich muss dabei auch die Qualität und der Preis stimmen, ansonsten würde es bestimmt nicht weiter empfohlen.

11) Wie anfangs erwähnt besitzt die Scola da musica Grischun Central bereits 8 Alphörner. Wird dieses Instrument populärer?

Wie bereits gesagt, es ist allgemein eine Renaissance spürbar. Ich glaube die Musikschule Mittelbünden ist eine der wenigen öffentlichen Musikschulen in der Schweiz, welche dieses Instrument anbietet und die Schüler in Bläsergruppen vereint! Dies ist natürlich auch ein grosser Verdienst von Claudio Steier als innovativem Schulleiter sowie von Roland Aregger als kompetente Lehrperson für Blasinstrumente. Anscheinend finden die jungen Leute grossen Gefallen an diesen speziellen Instrumenten. Ich konnte mich bei einem Auftritt selber überzeugen mit welchem Elan und Begeisterung diese jungen Leute zusammen musiziert haben. Ich denke dies ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg: Die Freude an der Musik und insbesondere an unserer eigenen Musik weiter zu vermitteln.
Seit einigen Jahren wird ebenfalls mit grossem Erfolg das Alphornspiel in der Hochgebirgsklinik Wolfgang in Davos, in der Person der Alphorn-Virtuosin Eliane Burki, den meist jüngeren Lungen-Patienten beigebracht. Kürzlich durften wir für einen kleinen Patienten ein Alphorn nach Basel liefern. Es freut mich natürlich sehr, dass unsere Instrumente nicht nur dem Auge, dem Ohr, dem Herz und der Seele dienen, sondern sogar noch der Gesundheit...!